Film 1 (Seite 1): Als der Schrecken seinen Anfang nahm...
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Als
vor der Küste Japans ein grosses Frachtschiff spurlos verschwindet,
vermutet man zunächst einen Unfall oder einen unterirdischen
Vulkanausbruch. Auch Masaji, der einzige Überlebende, kann keine
nachvollziehbaren Aussagen machen, und sein Gerede von einem
Meeresungeheuer hält man für Phantasterei aufgrund des Schocks...
doch auch das Erkundungsschiff, das zu der vermuteten
Untergangsstelle aufbricht, versinkt unter mysteriösen
Umständen.
Nur die Bewohner der Insel Odo glauben an ein in ihren
Geschichten überliefertes Meeresungeheuer- ein Monster, das sie
Godzilla nennen und das seit Generationen im Meer lebt und an Land
kommt, wenn es im Wasser nicht mehr genug Nahrung findet.
Wissenschaftler halten auch das zunächst für Humbug, doch am Strand
der Insel entdecken sie riesige Fußstapfen- und dann entsteigt der
50 Meter grosse Godzilla dem Meer und verwüstet die Insel.
Da
Godzillas Spuren radioaktiv sind und anhand gefundener
Versteinerungen (Trilobiten), stellen die Wissenschaftler um
Professor Yamane fest, daß das Monster (ein überlebender
Dinosaurier) Millionen von Jahren im Pazifik gelebt haben muss, bevor
amerikanische Atombombenversuche und die dadurch entstandenen
Verseuchungen seines Lebensumfeldes es veranlassten, auf die Menschen
loszugehen- und es hat noch nicht genug Unheil angerichtet und zieht
gen Tokio.
Yamane erkennt sofort, daß Godzilla ein wichtiges
Forschungsobjekt sein kann, das man lebend fangen sollte, doch
niemand hört auf ihn- das Militär wird mobilisiert und ist doch
chancenlos gegen Godzilla.
Nur die (neben dem Erfinder nur Yamanes
Tochter Emiko und ihrem Freund Ogata bekannte) „Wunderwaffe“ des
Dr.Serizawa kann helfen, doch Serizawa will nicht, daß die Waffe in
die Hände des Militärs gelangt...
Jede
Geschichte, auch ein bis heute lebendiger Filmkult, hat ihren/seinen Anfang, und im Falle
von Godzilla ist dies noch nicht einmal so sehr
legendenumwoben wie sonst so oft (wenn auch nicht alles genau so
passiert sein muss, wie es heute erzählt wird). Viel entspringt bei
Godzilla wohl einfach eher ganz pragmatischen Gedanken.
Nach
gescheiterten Verhandlungen über Projekte mit US-amerikanischen
Mit-Produzenten (Geldgebern) brauchte die japanische Produktionsfirma
Toho 1954 einen möglichst schnellen und grossen Erfolg an den
Kinokassen, um einer zu diesem Zeitpunkt drohenden Pleite zu
entgehen.
Chef-Produzent Tomoyuki Tanaka hatte dann (schon
auf dem Rückflug nach den Verhandlungen in den USA) die Grundidee
des radioaktiv verstrahlten Riesenmonsters, sowohl der originale
„King Kong“ (von 1933) als auch der zu jener Zeit in den USA
enorm populäre Monsterfilm „Panik in New York“ („The Beast
From 20000 Fathoms“) inspirierten ihn wohl. Auch der tatsächliche
Vorfall um einen japanischen Fischkutter, dessen Besatzung aufgrund
US-amerikanischer Atombombenversuche im Pazifik am 1.März 1954 in
fast 150 km Entfernung vom Testort radioaktiv stark verstrahlt worden
war, ging ihm dabei durch den Kopf. Ihm war bereits bewusst, daß
gerade in Japan nach den Atombombenabwürfen auf Hiroshima und
Nagasaki 1945 die Grundidee für Furore sorgen würde- der im
wahrsten Sinne des Wortes Riesen-Erfolg, den „sein“ Monster
auslösen würde, war wohl dennoch eine (besonders für die Toho
angenehme) Überraschung.
Die
Toho verstand sofort, sah das Potential der Geschichte, und
legte los... und liess sich vor allem für ihre Verhältnisse dennoch
relativ viel Zeit. Die Riesenechse wurde designt, gleichzeitig das
Drehbuch geschrieben, und nach 51 Tagen Drehzeit mit Menschen und vor
Ort und 71 Tagen Nachbearbeitung für die Spezial- und visuellen
Effekte (Eiji Tsuburaya gründete extra für diesen Film eine neue
und ab dato international anerkannte Abteilung der Toho)
konnte der Film schliesslich bereits ab dem 27.Oktober 1954
(Vorpremiere) sein Publikum (später auch international und in
besonders grosser Menge in den USA) erobern und den Grundstein für
eine bis heute funktionierende Filmgattung legen, den japanischen
Kaiju (Monsterfilm). Zwar war
„Godzilla“ bei
weitem nicht der erste Monsterfilm überhaupt (schon lange
faszinierten gerade in jeglicher Weise veränderte und aggressive
Tiere die Filmliebhaber), aber dennoch darf man ihn zu den grossen
Klassikern und Erneuerern des Genres zählen. Eines der bekanntesten
und bis heute beliebtesten Monster ist Godzilla ohnedies, und nicht
umsonst inzwischen auch „Held“ US-amerikanischer Megablockbuster,
wie auch weiterhin Toho's
„bester im Stall“- und bei den Japanern nach vielen Filmen als
„Beschützer“ der Menschen inzwischen auch wieder ein
„Böser“.
Das Monster sollte anfangs nur „G“ (für
„Gigantic“) genannt werden und keinen wirklichen Namen bekommen,
den Originalnamen Gojira verdankt es dem (nicht sehr netten)
Spitznamen eines fülligen Toho-Mitarbeiters, und ist ein
japanisches Wortspiel („Gorira“=Gorilla; „Kujira“=Wal). Der
spätere amerikanische Verleih verinternationalisierte den Namen dann
in Godzilla.
Dieser
erste Film der bis heute so lebendigen wie legendären Reihe
(übrigens damals von vielen Kritikern negativ bewertet) bildete auch
den Auftakt zu einem ganzen Toho-Universum
teils noch weitaus bizarrerer Monster. Insbesondere die erste Phase
der Reihe bis Mitte der 1970er-Jahre zeichnet sich neben ihrem immer
wunderbaren, nur selten altbackenen Charme und den (aus heutiger
Sicht) recht einfachen und doch bis heute beeindruckenden
Trickeffekten durch die immer wiederkehrende und deutliche Kritik an
der Nutzung der Atomkraft aus (es sind zumeist Atombombenversuche,
die die Monster hervorrufen, weil Tiere dadurch mutieren), die in
Japan damals aufgrund der grausamen Erfahrungen des Landes am Ende
des Zweiten Weltkrieges mehr als umstritten war. Viele Japaner
fühlten sich durch die Filme geradezu an den Krieg erinnert (was die
Wirkung für viele noch steigerte), so daß man durchaus sagen kann,
daß die Monster genau für diese anhaltende Bedrohung durch
Atomenergie „stehen“, diese verkörpern. So war insbesondere in
Japan die Reihe (und insbesondere Honda's Filme) immer auch
„politisch“ (gemeint und) gesehen worden, und nie nur reine
Unterhaltungsware (das
natürlich immer auch).
Auch in Japan änderte sich das, auch noch in der ersten Phase, als
in den 1970ern auch dort Atomkraft plötzlich „akkzeptabel“
wurde- nach der Katastrophe von Fukushima 2011 wurde vor allem der bisher letzte
(Toho-)Film ("ShinGodzilla", 2016) dann wieder in ihrem kritischen Anspruch
deutlicher (es erscheint wie eine schreckliche Vorhersehung, daß im
ersten Film Godzilla's Auftauchen vor Tokio einen Tsunami grössten
Ausmasses auslöst).
Doch kommen wir zurück zum Film. Zum obigen
Thema gäbe es zweifellos noch viel mehr zu schreiben, aber dafür
gibt’s andere Orte.
„Godzilla“,
heute auch als „Godzilla-Das Original“ vermarktet, ist in jeder
Hinsicht ein Riesenfilm, ein absoluter Knaller, ein Meisterwerk, wie
es nur wenige gibt. Da stimmt einfach alles, und das muss auch der
verwöhnte Filmgeniesser heutiger Zeiten zugeben. Trotz (oder
vielleicht gerade wegen) der Zeit, in der er entstand- als es noch
nicht üblich
war in Farbe zu drehen, und die Tricks noch in den Kinderschuhen
steckten (und keine
blöden überperfekten computergenerierten Spezialeffekte möglich
waren)-
ist der Film ein cineastisches Juwel und weit mehr als „nur“ ein
Phantasyspektakel, weit mehr als „nur“ ein Monsterfilm.
„Godzilla“ ist neben seinen grossartigen Thrillerqualitäten ein
Werk mit Aussage und mit ununterbrochenem Esprit.
Würde man mich
vor die Wahl stellen, ich dürfte nur fünf Filme für den Rest
meines Lebens (wieder)sehen, dieser wäre dabei. Zu den anderen
vieren an (vielleicht ganz) anderer Stelle.
Seinen
schon in den ersten Szenen erkennbaren (anfangs ohne Monster noch
subtilen), erst durch vorgezeigte Zeitungsartikel, dann durch
Lichteffekte bei Meeresszenen und genau das, was man eben nicht
sieht,
„nur“ angedeuteten (besser: angekündigten, hervorragend auf seinen Höhepunkt hinarbeitenden) Horror mit jeder
Filmminute noch steigernd, ist der Film fast durchgehend ein bisschen
semi-dokumentarisch aufgebaut (Sachio Sakai als Reporter*
taucht immer wieder auf und „ist“ mehr der Charakter, als daß er
ihn spielt). Regisseur Honda (nur „zweite Wahl“ der Produzenten,
weil der eigentlich vorgesehene Senkichi Taniguchi absprang, da wegen
„Godzilla“ ein ursprünglich anderer Film, den er inszenieren
sollte, abgesagt worden war) beweist schon hier sein Talent dafür,
„Ernsthaftigkeit“ (andere würden sagen: „Seriosität“) in
einen solchen Film einzubauen. Dennoch gelingt es Honda, von Beginn
an Spannung aufzubauen, ihm gelingt ein Spagat zwischen Anspruch und
reiner Unterhaltung, letztere wunderbar kombiniert mit dem für einen
(letztlich) Horrorfilm nötigen Drive- das Monster (wobei in diesem Film "Godzilla" der Name der Spezie, nicht des hier auftretenden Einzelmonsters ist) kommt dann, und es
kommt richtig, auf den Punkt (endlich, schreit
der
erwartungsvolle und längst ungeduldige Zuschauer, obwohl es gar
nicht so lange gedauert hat) und ohne Kompromisse, es verbreitet
Schrecken und zerstört alles und jeden, was und der sich ihm in den
Weg stellt, durch seine Grösse und den radioaktiven Strahl, den es
aus seinem Maul speien kann, scheinbar unbesiegbar. Es "rockt" und
bestimmt (und beherrscht auch trotz der "starren" Augenpartie) den Film, was will man denn bitte mehr von
einem Monsterfilm? Auch
in der „langen“ Originalfassung ist das alles flüssig und ohne
Verzögerungen erzählt, das Drehbuch hält sich nicht auf mit
Nebengeschehnissen, die niemanden wirklich interessieren. Das Monster
steht im Mittelpunkt, dazu noch der Professor, der trotz allem
bewusst reflektiert und zumindest lange eine andere Lösung als die
Gewalt will. Selbst die „Dreiecksgeschichte“ zwischen seiner
Tochter, deren heimlichem Verlobten Ogata und dem mit dem Einsatz
seiner Waffe zögerlichen Dr.Serizawa (dem sie „versprochen“ ist)
spielt nur am Rande eine (sehr "sauber" erzählte) Rolle und fällt überhaupt nicht störend
auf.
Die Kamera beobachtet als Zuschauer wie wir, und braucht
dafür keine revolutionären Kamerafahrten oder ähnliches, um zum
Beispiel die Panik der Menschen zu vermitteln (dafür reichen die
Nahaufnahmen Flüchtender, allerdings nicht immer mit perfekten Rückprojektionen); der Schnitt fügt alles so zusammen, wie
es zusammen gehört, manchesmal bedächtig, aber nie ruckartig oder
verwirrend (was sogar in den „kürzeren“ Versionen für das
Ausland gelang); und die Musik ist unterstreichend und trotz des Marschrhythmus unaufdringlich-
die Bilder sprechen eben für sich.
Auch an den menschlichen
Darstellern (hier waren sich damals einige der Bekanntesten Japans
nicht zu „schade“, in einem Actionfilm aufzutreten) gibt es
nichts zu bemängeln. Die machen ihre Arbeit famos, auch wenn ihnen
bewusst sein musste, daß es letztlich der Film des Monsters
ist. Spezialeffekte-Guru
Tsuburaya „erfand“ für diesen Film die „Suitmation“- es
sollte ein Markenzeichen für die Toho
werden,
daß in den Filmen der ersten Phase Darsteller in Ganzkörperkostüme
schlüpften und durch Modellbaulandschaften stapften. Und auch
dadurch, daß gerade bei diesem Film sehr aufwendig, akkurat und
geradezu mühevoll, gearbeitet wurde, und daß man exakt
Massstabsgetreu die Modelle anfertigte, erarbeitete sich die Toho
ihren
besonders guten Ruf im Effektebereich. Das ist bis heute sehenswert
und es fällt bis heute auf, wie das auch (und besonders) in Schwarz-Weiss so toll
rüberkommt (und es fällt auf, daß tatsächlich in späteren Filmen
der Reihe tricktechnisch ab und an geschludert
wurde).
Fazit:
GROSSartig!
Der Monsterfilm der Monsterfilme.
*
Die amerikanische Fassung (siehe
Seite 2)
treibt das durch die hereingeschnittenen Szenen mit Raymond Burr noch
weiter auf die Spitze.
Es ist mir bis heute eine Art Rätsel
(vor allem angesichts anderer damaliger „Entscheidungen“ dieser
Behörde), warum damals
der Film eine FSK 12 bekam (nun gut, in der deutschen, stark
gekürzten Fassung halt). Der Film ist aber auch gekürzt nicht
unbedingt wirklich kindgerecht, viel zu anstrengend für Kleinere.
Mal davon abgesehen, daß sie die „Botschaft“ des Films nicht
verstehen, sind einige Szenen (selbst heute noch) viel zu brutal.
Aber verstehe irgendeiner die deutsche FSK.