Film 5 (Seite 1): So süss, und zur Premiere doch so bitterböse...

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Schiffbrüchige, die auf einer von Atombombentests verseuchten Insel (Infant island) gestrandet waren, weisen wohl dank eines Saftes der Einheimischen nach ihrer Rettung keinerlei Verstrahlungen auf. Daher beschliessen die Regierungen von Japan und (des fiktiven Landes) Roliscia, welches für die Tests verantwortlich war, eine Expedition zu der Insel zu entsenden. Anführer der gemeinsamen Expedition ist der Roliscianer Clark Nelson, der sich schnell als übler Geselle herausstellt; Teilnehmer unter anderen die Japaner Dr.Chūjō, Journalist Fukuda und die Fotografin Michi.
Nelson verursacht schon bald den Abbruch der Expedition- er will von ihm entdeckte, winzige Zwillingsfeen mit Waffengewalt von der Insel entführen und gerät so in Konflikt mit den Eingeborenen, die das nicht zulassen wollen. Nelson lässt den Widerstand der Eingeborenen von seinen Gefolgsleuten und zum Entsetzen der japanischen Begleiter zusammenschiessen und entführt die Feen nach Tokio, wo er sie zwingt, in einer Bühnenshow aufzutreten und
(hier das erste Mal, doch leider nicht das letzte Mal in Film und Reihe) vor Publikum und zu seinem finanziellen Vorteil zu singen.
Doch eben dieser (telepathisch übermittelte) Gesang und ein zeitgleiches Tanzritual der Eingeborenen auf der Innel erwecken das Ungeheuer Mothra aus ihrem Ei- im Raupenstadium kommt sie nun nach Japan, wo sie, natürlich auch durch das Miltär nicht aufhaltbar, Vernichtung verbreitet und Verwüstungen anrichtet.
Die japanische Regierung fordert die Freilassung der Feen, doch Nelson flüchtet mit ihnen nach Roliscia.
In Tokio verpuppt sich die Raupe, und trotz atomarer Strahlenkanonen gegen sich entschlüpft aus dem gerade mal angekokelten Kokon die grosse Monstermotte Mothra. Allein mit dem Schlag ihrer Flügel im Überflug über Tokio macht sie Teile der Stadt dem Erdboden gleich und hat doch nur ein Ziel vor Augen- Roliscia und den schändlichen Nelson, um ihre Freundinnen zu befreien...

Ganze drei Jahre liess man sich nach dem insgesamt doch in mancher Hinsicht und wohl auch kommerziell enttäuschenden Vorgänger „Varan“ bei der Toho Zeit, um das nächste Monsterwerk auf der Leinwand vorzulegen. Entgegen mancher von aussen gemachter Spekulation, man würde, um die Kasse nur ja wieder so richtig zum Klingeln zu bringen, einen neuen Godzilla-Film auflegen, blieb man beim Studio zunächst der Linie treu, mit jedem Film seit „Godzilla kehrt zurück“ ein neues Monster zu präsentieren- (Überlieferungen zufolge) einem Traum des Effektemeisters Eiji Tsuburaya (dessen Wort bereits fast wie ein Gesetz bei der Toho war, mächtige Produzenten hin oder her) sei Dank.
Welch richtige Entscheidung war das doch, und was für ein fantastisch-phantasievolles Resultat kam heraus, eines, das bis heute ganz oben an der Spitze der gelungensten und schlichtweg besten Monsterfilme (nicht nur aus Japan) steht- ein durch und durch gelungenes Filmspektakel.

War das Monster für diesen Film anfangs noch geplant als eher unansehnlicher, mutierter und farbenunfroher Schmetterling aus der Familie der Trägspinner (allein schon der Name klingt nicht sehr verheissungsvoll), so entwickelte sich das Konzept
Mothra noch während der Vorbereitungsphase hin zu einer durchdesignten (zumindest in seiner Endform kunterbunten und fast sympathisch-süssen) Motte. Und so wurde (im Original geschlechtslos, international jedoch) sie auch zu einem der populärsten Monster des Studios, und es sollte nach diesem Film auch nicht lange bis zu ihrem nächsten Auftritt (in diesem sogar auch mit Godzilla dabei) dauern. „Godzilla und die Urweltraupen“ präsentierte Mothra dann bereits zumindest als „gezwungenermassen“ Menschenfreundlich, und letzteres sollte dann auch in ihrer weiteren Zukunft so bleiben.
Bei den kleinen wie auch den grossen Fans hat sich an
Mothra's Beliebtheit bis heute nichts geändert, so bekam sie in den 1990er Jahren von der Toho gar eine komplette Solofilmtrilogie „spendiert“, und hat es auch in den 2019er „King Of The Monsters“ (allerdings Computergeneriert und geradezu unvorteilhaft modernisiert") geschafft.

Der erste Auftritt Mothra's basiert auf einer an sich schon gelungenen Geschichte dreier Autoren, die die Toho als „Mothra und die leuchtenden Feen“ (Original: „Hakō Yōsei to Mosura“) bereits als Fortsetzungsroman in einer japanischen Wochenzeitung veröffentlicht hatte, bevor Studiovielschreiber Sekizawa sich einiger ihrer Elemente „annahm“ und sie für den Film adaptierte. Heraus kam ein stets gut durchdachtes und schmissig geschriebenes Horrormärchen, das von Monstermastermind Ishirô Honda als konsequenter Aktionsreigen inszeniert wurde, der (auch ungeschnitten) keine Längen und keine Langeweile aufkommen lässt.

Detailierte Kulissen (überzeugend realistische Hintergrundmalereien, angefangen bei der Inselansicht; dem Dorf der Eingeborenen; und einem Dschungel, der keinerlei Studioatmosphäre aufkommen lässt) machen schon den Auftakt zum Blickfang- wie zwar grundsätzlich auch diesmal die so gern in Filmen der Ära genutzten tanzenden Eingeborenenmädchen, trotzdem hat das seinen Beigeschmack (hätte man nicht nur aus heutiger Sicht weglassen können).
Absolut beeindruckend wird das Spektakel dann, wenn zum Festland gewechselt wird (die hier und da dem Gesamteindruck nicht ebenbürtigen Rückprojektionen mal verzeihend hingenommen)- die Modelltricks sind hier auf ihrem ersten absoluten Höhepunkt. Die bodennahe (weil kriechende) Riesenraupe ermöglichte weitläufigere, damit abwechslungsreichere (nicht mehr nur Innenstadthochhaus-) und auch filigranere Sets, und die Kamera hebt die Genauigkeit und Massstabstreue der Miniaturbauten noch hervor. Das ist nicht mehr nur „Grosses stampft kleines kaputt“ (wogegen ja ebenfalls überhaupt nichts einzuwenden ist), das ist geradezu atemberaubend und schockierend zugleich, eine vorher kaum vorstellbare neue Dimension der Zerstörungsszenerie. Auch die Realisierung der Ein- und Entpuppung Mothra's zur „fertigen“ Riesenmotte verblüfft den Zuschauer, und selbst die „Spielzeugfahrzeuge“ wirken noch eine Spur echter als bis dato in den Filmen.


Als Wermutstropfen muss man ein Problem erwähnen, das die Toho schon in „Rodan...“ davor nicht zur vollen Zufriedenheit des Anschauers hatte lösen können, und das auch in der Zukunft immer wieder auftreten sollte- die Flugszenen des Monsters. Die sind auch hier wieder zumeist allzu abgehackt und wirken unecht bis statisch. Das Puppenspiel ist leider nicht so perfektioniert wie die übrigen Tricks, aber sicher auch nicht so einfach zu machen, wie Menschen in Ganzkörperkostümen durch die Kulissen wandern zu lassen.

Fazit:
Noch so einer, den man gesehen haben
muss, noch so einer, der zum Klassiker wurde. Kaijû, wie er eben sein sollte- nur, wenn die Feen anfangen zu singen, sollte man, solange sie's tun, den Ton abschalten; und bei manchem Over-Overacting der Darsteller gnädig grinsen statt sich darüber aufzuregen.
Yūji Koseki hat den wohl insgesamt besten Score der Reihe neben denen von Akira Ifukube komponiert. Eigentlich Komponist für Popmusik (und Stammschreiber für die auch ausserhalb des Filmgenres- man mag es kaum glauben- als „The Peanuts“ erfolgreichen Ito-Zwillinge), kann er auch dramatisches und Actionreiches passend untermalen.

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